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Patagonien (Argentinien)

In der unendlichen Weite Patagoniens finden wir einsame Übernachtungsplätze, wärmen uns an Lagerfeuern und werden verwöhnt mit weiteren Tierbeobachtungen. Wir schlemmen uns durch argentinische Spezialitäten, bewundern erste Gletscher und erstehen für Friedli Schneeketten.

Route: Punta Ninfas, Gaiman, Dolavon, Playa Escondida, Cabo dos Bahias, Las Plumas, Los Altares, Esquel, Parque National Los Alerces, Parque National Lago Puelo, El Bolsón, Parque National Nahuel Huapi, Bariloche, Colonia Suiza, Villa La Angostura, San Martin de los Andes, Junin de los Andes

 

Tee und Kuchen (Gaiman)

Nach drei Wochen wildcampen an der Atlantikküste brauchen die Bordküche und die Dieseltanks eine Nachfüllung und die Kleider dringend eine Wäsche.  Dazu stellen wir uns auf den Camping in Puerto Madryn und duschen ausgiebig, ohne auf den Wasserverbrauch achten zu müssen.

Jetzt sind wir wieder bereit für das nächste Abenteuer. Über eine 80 km lange Schotter-strasse gelangen wir nach Punta Ninfas, ein 80 m hohes Felsplateau, wo mehr Schafe als Menschen leben und uns ein rauer Wind ins Gesicht bläst. Hier besteht die Möglichkeit, Orkas zu sehen. Diesmal ist unsere Ausdauer nicht so gross und Friedli äussert den Wunsch, weiter fahren zu wollen (er sei schliesslich ein Fahrzeug und kein Standzeug). Diesem Wunsch kommen wir gerne nach und verlassen die raue Küste nach einer windigen Nacht direkt auf der Klippe, um nach Gaiman zu fahren, wo wir pünktlich zur „Tea-Time“ eintreffen. Vor über 100 Jahren haben sich hier viele Waliser (Wales England, nicht zu verwechseln mit den Schweizer Wallisern) niedergelassen. Ihre Kultur ist heute noch deutlich zu erkennen und wird mit den unzähligen Teehäusern gelebt.

Sogar Prinzessin Diana war 1995 hier, um einen „Tea“ zu trinken, worauf die Bewohner heute noch besonders stolz sind. Stolz ist auch der Preis für ein „Servicio completo“ (CHF 19.-), was wir im Voraus nicht berücksichtigt und tatsächlich zu wenig Bargeld im Sack haben. Dank dem Hinweis der Bedienung, nur einmal Kuchen und zweimal Tee zu bestellen, vermochten wir überhaupt alles zu essen, was serviert wurde.

 

See-Elefanten vor der Haustür (Playa Escondida)

Bei Sonnenschein zieht es uns weiter Richtung Süden, der Küste entlang. Auf der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz biegen wir an die Playa Escondida ein, wo bereits der weisse „Röno“ von Alice und Köbi (jakali.jimdo.com) steht. Der Grill ist eingefeuert und die Glut perfekt, so dass wir nur noch etwas Feines drauflegen können. Die Bucht teilen wir uns mit ein paar wenigen Hobbyfischern und einer Kolonie See-Elefanten. Diese liegen zufrieden im Sand und lassen sich aus nächster Nähe beobachten. Den Namen haben die bis zu sieben Meter langen und 3500 kg schweren Tiere von der rüsselartigen Nase, welche nur die Männchen besitzen. Die schwarzen Jungtiere scheinen erst gerade das Licht der Welt erblickt zu haben. Die Nabelschnüre sind noch feucht und die Töne, welche sie von sich geben, noch kläglich. Fasziniert von dem, was sich quasi vor unserer Haustüre abspielt, bleiben wir gerade einen Tag länger stehen.

 

Magellanpinguine (Cabo dos Bahias)

Eine wunderschöne Fahrt entlang der Küste bringt uns auf 190 km Schotterpiste weiter südlich nach Cabo dos Bahias, wo uns bereits die nächsten Tiere erwarten. Hier lebt eine Magellanpinguine-Kolonie, welche über Holzstege für Touristen zugänglich ist. Der Ranger am Parkeingang informiert uns, dass erst ganz wenige Tiere hier sein sollen. Wir aber gerne so viel Zeit hier verbringen dürfen, wie wir möchten. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Schnell entdecken wir über hundert Pinguine und es werden stündlich mehr. Zwei Tage lang beobachten wir fast alleine Pinguine aus nächster Nähe, wie sie tollpatschig durch die Gegend watscheln und sich fürs nesten bereit machen. Zusätzlich huschen Gürteltiere zwischen den Nestern durch und hie und da weiden Guanakos zufrieden zwischen den Pinguinen.

 

Schrecksekunde (Las Plumas)

Nach so vielen Tierbegegnungen an der Küste, zieht es uns durch Steppenlandschaft ins Landesinnere. Auf der wenig befahrenen, 140 km langen Schotterstrasse fällt uns bereits von weitem ein noch langsameres Fahrzeug auf. Gerade als wir zum Überholen ansetzen, hält dieses an und aus dem linken Fenster ragt auf einmal ein Gewehrlauf raus. Wir stoppen und halten die Luft kurz an. Schnell sehen wir in der Ferne ein Guanako, welches wahrscheinlich das Ziel der jagenden Männer war. Alles ist gut gegangen. Doch bei Betty wirkt der Schreck auch abends noch nach, während wir unser Nachtlager auf einer Anhöhe mit Aussicht auf das umliegende Tal aufschlagen.

 

Feuermeister unter sich (Parque National Los Alerces)

Am nächsten Tag durchfahren wir unversehrt das Valle de Chubut, welches uns mit seiner abwechselnden Landschaft in seinen Bann zieht. Bevor wir uns weiter auf 260 km Naturstrasse zum Piedra Parada machen, wollen wir sicherheitshalber nochmals tanken. Doch die einzige Tankstelle in Paso de Indios hat keinen Diesel mehr. Wir fahren los in der Hoffnung, an der nächsten Tankstelle, in 170 km Entfernung, Diesel zu erhalten. Diese Kilometer fahren wir sehr ökonomisch, so dass wir evtl. wieder zurückfahren könnten. Manchmal fühlen wir uns in der rötlich schimmernden Landschaft mit den unterschiedlichsten Steinformationen wie in Utha/USA. Auch dort wurden wir immer wieder überrascht von vielen „Wild-Camping-Plätzen“ Genau auf einem solchen treffen wir ein weiteres Mal auf Alice und Köbi. Beim 270 m hohen Piedra Parada sammeln wir gemeinsam Holz und verbringen am Abend gemütliche Stunden am Lagerfeuer. Via Esquel gelangen wir zurück in die Anden. Die Temperaturen sinken bis auf 0°C und die nahe gelegenen Skigebiete ziehen immer noch Skifahrer und Snowboarder an. Im Parque National Los Alerces sind viele der ausgeschilderten Wanderungen noch gesperrt. Umso mehr liegt überall Holz vom schweren Winter herum, was uns dazu bewegt, die Feuer von Tag zu Tag grösser werden zu lassen.

 

Vor und Nachteile der Nebensaison (Parque National Nahuel Huapi)

Via El Bolsón machen wir einen Abstecher in den Nationalpark Nahuel Huapi. Bei strahlendem Sonnenschein nehmen wir die 40 km Holper- und Staubpiste zum Vulkan Tronador gerne in Kauf. Die enge Zufahrtsstrasse kann nur bis 14°° Uhr in den Park hinein und ab 16°° Uhr aus dem Park hinaus befahren werden. Diese Regelung lässt uns erahnen wie gut besucht der Park im patagonischen Sommer ist. In Pampa Linda werden wir vom Guardaparque begrüsst und sogleich informiert, dass erst ein Wanderweg offen sei und  es noch einige umgestürzte Bäume habe. Frohen Mutes wandern wir los und suchen uns den Weg. Bald sehen wir anstelle eines Weges nur noch Äste und umgestürzte Bäume. Als dann der knietiefe Schnee das Vorwärtskommen zusätzlich erschwert, drehen wir nach über einer Stunde wieder um. Wir fahren weiter Richtung Monte Tronador, einem erloschenen Vulkan, der von gewaltigen Gletschermassen umringt ist und mit seinen 3’554 MüM majestätisch in der Sonne glänzt. Am Ende der befahrbaren Strasse stehen wir am türkisfarbenen Gletschersee Lago Manso, in den der Ventisquero Negro, ein schwarzer Gletscher, reicht. Zu unserer Freude erhalten wir vom Guardaparque die Erlaubnis, direkt am See zu übernachten. Stundenlang schauen wir aus dem Fenster dem Treiben des Eises im Gletschersee zu und lauschen den kalbenden Gletschermassen vom oberen Gletscher. Die Nebensaison hat eben auch ihre Vorteile.

 

Schlemmen (Bariloche)

Bariloche, der Sommer- wie Winterferienort für Argentinier ist vergleichbar mit St. Moritz, an einem riesigen See gelegen, umrundet von zig schneebedeckten Bergen. Im Ort herrscht ein grosses Gewusel,  viele Autobusse, die vor allem Jugendliche ins nahe Skigebiet bringen. Auffallend dabei sind die vielen Gruppen in gleichen Skikleidern, die sich vor den Hotels und Busstationen aufhalten. Hier kann mit der Buchung des Hotels auch gleich die Winterausrüstung inklusive Kleider gemietet werden. Gerne verzichten wir auf ein Foto mit dem Bernhardinerhund, welcher als Wahrzeichen für die Region angepriesen wird. Als Schweizer scheint uns das irgendwie eher eine schlechte Kopie unserer Heimat. Umso mehr zieht es uns in ein Restaurant mit regionaler Küche. Genüsslich schlemmen wir eine Fleischplatte für zwei Personen, die geschätzt ein Kilo Fleisch auf die Waage bringt. Die mitgelieferten Pommes wirken dagegen mickrig und sind im wahrsten Sinne des Wortes nur als Beilage gedacht. Es schmeckt lecker und wir essen uns tapfer durch die Auswahl, auch wenn die heutige Fleischportion in unserem Alltag wahrscheinlich eine Woche reichen würde.

 

Schneekettenkauf (Junin de los Andes)

Unser Abstecher in der Colonia Suiza dauert wegen des regnerischen Wetters nicht so lange wie geplant. Die Kolonie wurde von vier Welschschweizer Brüdern gegründet, die hier Holz geschlagen, zersägt und hauptsächlich nach Asien verkauft haben sollen. Heute ist es eine Touristenattraktion mit vielen Artesenal Angeboten wie Bier, Schokolade, Wein und Handgefertigtes. Unser nächstes grosses Ziel heisst Carretera Austral in Chile, welche uns Richtung Ushuaia bringen soll. Die Strassen nach Chile führen allesamt über Pässe von ca. 1'200 MüM. Unseren Recherchen zufolge können diese nur passiert werden, wenn man Schneeketten mitführt. Und genau dies ist gar kein leichtes Unterfangen. Bereits seit zwei Wochen klappern wir unzählige Shops ab, um welche in Friedlis Grösse zu ergattern. Wir werden von Laden zu Laden geschickt, Ketten werden probeweise montiert. Doch allesamt sind „demasiado pequeno“ viel zu klein. In Villa la Angostura, nahe der Grenze, finden wir eine kleine „Comeria“, einen Pneu Service der einfachsten Art. Mehrere Autos kommen angefahren und alle wollen nur eins: Schneeketten kaufen. Der Besitzer wimmelt einige schon früh ab, er habe keine normalen Ketten mehr. Er sei ausverkauft. Doch als er unseren Friedli sieht, lächelt er und meint, ein Paar so grosse Schneeketten hätte er schon lange an Lager. Gut ausgerüstet machen wir uns über die Sieben-Seen-Route auf den Weg via Junin de los Andes nach Chile, wo wir die bevorstehende Regenphase in Thermalbädern aussitzen wollen.                                                                                       

 

Wir waren 1277 Tage unterwegs

 

und sind am 17. November 2018

wohlerhalten in der Heimat angekommen.

 

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