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Mexicos Hochland Teil 2(Mexico)

Mexikos Hochland hat so einiges zu bieten. Wir bestaunen Vulkane aus nächster Nähe, besteigen erste Pyramiden, tauchen ein in die Weltstadt Mexico City, erholen uns in den heissen Quellen von Tolantongo und verbringen unsere  erste  Nacht auf über 3600 MüM.  

Route: Angáhuan, Morelia, Teotihuacan, Mexico City, Teotihuacan, Grutas Tolantongo, Paso de Cortés, Cantona

 

Nach 10 wunderbaren erholsamen Tagen verabschieden wir uns etwas wehmütig von Charly und seinem Team im kleinen Paradies Santa Elena. Betty kann die ihr geliehenen Gehstöcke und den Fixierschuh mitnehmen, damit sie die unebenen Strassen Mexikos trotz immer noch etwas geschwollenem Fussgelenk begehen kann. Auf dem Weg zum Vulkan Paricutin durchfahren wir Talebenen, welche fast ausnahmslos bedeckt sind mit Treibhäusern. Danach windet sich die Strasse kurvig auf 2'500 Meter hinauf. Dabei durchfahren wir Angahuan, ein typisches Purépecha-Städtchen mit Holzhäusern, staubigen Strassen und mehr Pferden als Autos auf der Strasse. Die Frauen tragen hier knöchellange Röcke und farbenfrohe Schultertücher.

Unser Nachtlager liegt in einem Kiefernwäldchen, welches uns ein bisschen an die Schweiz erinnert und gleichzeitig der Ausgangspunkt für die Wanderung zu den Lavafeldern ist. Früh morgens wandert Beat zum Templo San Juan Parangaricutiro, welcher gespenstisch aus einem Meer von schwarzem Vulkangestein ragt und gemeinsam mit dem Altar der früheren Steinkirche der einzige Überrest der beiden verschütteten Dörfer ist. Währenddessen lagert Betty ihren Fuss hoch und erledigt Büroarbeit.

 

Weiter holpern wir über Kopfsteinpflasterstrassen und erreichen am Karfreitag das Städtchen Pátzcuaro, wo gerade Oster-Prozessionen stattfinden. Die ganze Region scheint auf den Beinen zu sein und pilgert in das Zentrum. Besonders beeindruckt ein hauchdünner Teppich aus Sägemehl, der durch die Innenstadt verläuft und mit hunderten von Emblemen in verschiedenen Farben versehen ist. An einem der vielen Marktstände findet Beat nach langer Suche einen geeigneten "hand-made" Sonnenhut. Weil in ganz Mexiko die Semana-Santa (Osterwoche) und die darauf folgende Woche ausgiebig gefeiert wird, wurde uns empfohlen, Strände, Bäder und geologische Stätten während dieser Zeit zu meiden. Viele Stadtbewohner nutzen diese beliebten Ausflugsziele und verbringen ihre Ferien dort.

Dies nutzten wir, um Mexico City, die drittgrösste Stadt der Welt zu besichtigen. Auf dem Weg dahin fahren wir dem Pazcuaro-See entlang, welcher durch seine bräunliche Farbe nicht unbedingt zum Baden einlädt, dafür haben wir unseren Spass an den vorwiegend jungen, maskierten Männern, welche in den Dörfern mit Socken zum Spenden auffordern. Wir wissen nicht wirklich, wofür wir spenden, fühlen uns aber ein wenig wie an der Dorffastnacht in Wintersingen und spenden deshalb gerne den einen oder andern Peso.

 

Damit wir schneller zu unserem ausgewählten Stellplatz in Teotihuacan gelangen, wählen wir bewusst eine kostenpflichtige Cuota (Autobahn). Dies ermöglicht uns ein rasches Vorwärtskommen da auf den Landstrassen an jeder noch so unerdenklichen Stelle etwas nervige, Topes (Geschwindikeitsreduzierende Bodenwellen)  lauernJ. Auf den letzten 35 Kilometern ist die Nähe zu Mexico City bereits erheblich spürbar. Der Verkehr wird immer dichter und hektischer. Wir sind froh, Friedli auf dem RV-Park in Teotihuacan abstellen und die Grossstadt per Bus und Metro besuchen zu können.

 

Dank dem Tipp von Mina, der Stellplatzbesitzerin, machen wir uns zuvor am Sonntag früh auf den Weg zur Sonnen- und Mond-Pyramide. Nur sonntags fährt eine Bahn um die drei Kilometer lange Tempelanlage, was Betty sehr entgegenkommt. Teotihuacan ist Mexikos grösste altertümliche Stadt und war die Hauptstadt des wahrscheinlich grössten präkolumbischen Imperiums im ganzen Land. Trotz Krücken lässt es sich Betty nicht nehmen, die drittgrösste Pyramide der Welt (grösste besteigbare!) zu erklimmen. Zugegeben, die Tritte waren teilweise etwas hoch und die Treppe sehr steil. Doch dank  starkem Willen und  dem Geleitschutz von zwei aufmerksamen Parksecurities erreichen wir unbescholten und mit etwas Stolz den Gipfel der 70 Meter hohe Pyramide.

Dieses imposante Bauwerk wurde von den Azteken auf einer Grundfläche von 220 x 220 Metern aus drei Millionen Tonnen Steinen erbaut, ohne Hilfe von Metallwerkzeugen, Lasttieren oder Rädern.

Wir sind begeistert und buchen gleich noch die Lichtshow, welche erst seit einer Woche angeboten wird. Mystisch laufen wir im Dunkeln mit wechselnder Beleuchtung zu der Mondpyramide übers Gelände. Anschliessend geniessen wir die gigantische Lasershow, in welcher die Geschichte der Azteken und die Ausrichtung der Pyramiden eindrücklich aufgezeigt und an die Sonnenpyramide projiziert wird. 

 

Nun ist es an der Zeit, den Rucksack zu packen und uns für vier Tage von Friedli  zu verabschieden. Mit dem Bus und der Metro machen wir uns auf den Weg nach Mexico City, wo wir für 3 Nächte ein Hotel in der Altstadt, gleich am Zócalo, gebucht haben. Der  Platz misst 220 auf 240  Meter und ist einer der grössten städtischen Plätze weltweit, auf welchem  täglich durch das Militär eine riesige Mexiko-Fahne gehisst wird. Per Hopp On-Hopp Off Bus erkunden wir die grosse Stadt, wobei wir eigentlich nur das Hopp On nutzen. Hopp Off brauchen wir nur, um den Bus zu wechseln. Am nächsten Tag widmen wir uns den unterschiedlichen Kulturen Mexikos und staunen nicht schlecht, als es beim Eingang des Anthropologischen Museums heisst, Betty brauche keinen Eintritt zu bezahlen, da sie (noch immer) an Stöcken geht. Den Abend verbringen wir zusammen mit Judith und Francisco, die uns spontan zum Nachtessen einladen. Judith ist Schweizerin und lebt seit mehreren Jahren in Mexiko. Dank dem Kontakt zu einer ehemaligen Arbeitskollegin von Betty kam dieses Treffen zustande, wofür wir ihr sehr dankbar sind. Zusammen verbringen wir einen tollen, gemütlichen Abend mit spannenden Menschen und werden in die kulinarischen Vorlieben der hiesigen Küche eingeführt. Dabei tauschen wir bis spät nachts unsere Geschichten aus. Als Abschluss unseres Mexico City-Aufenthaltes gönnen wir uns in einer bunt bemalten Gondel eine Flussfahrt zu den schwimmenden Gärten in Xochimilco.

 

Nach 4 Tagen in der City freuen wir uns wieder aufs „Camper-Leben“ und fahren raus in die Natur zu den Grutas de Tolantongo.

Diese Heisswasser-Quellen erreicht man nur über eine steile, ungeteerte Passstrasse. Alleine die Anfahrt ist schon ein tolles Erlebnis. Vom Hochplateau auf 2'100 MüM geht’s in Serpentinen hinunter in das enge Tal auf 1'200 MüM. Wir parken Friedli für zwei Nächte direkt am türkisfarbenen, 38°C warmen Fluss, wo wir fast alleine auf einer dürren Wiese stehen und so genügend Zeit haben, im Fluss zu baden, uns in den Dampfgrotten aufzuhalten und uns zum relaxen in einige der über 40 spektakulär in Steilhängen angelegten Pools mit Traum Aussicht zu legen.

 

Aufgeweicht vom vielen Baden zieht es uns weiter zum Passo del Corte. Auf der Fahrt dorthin treffen wir das erste Mal auf unserer Reise auf einen richtig korrupten    Polizisten. Dieser wollte doch sage und schreibe 3'500 Pesos (ca. CHF 250.-) für ein nicht existierendes und von uns angeblich überfahrenes Rotlicht.

Oft wurden wir gewarnt vor genau solchen Situationen und jetzt ist es also soweit. Das Beste ist, gut vorbereitet zu sein. Wir händigen nur kopierte Ausweise aus und setzen ein A4 grosses Formular ein (welches wir von anderen Reisenden bekommen haben), auf welchem Namen, Personalnummer und die Art des Vergehens schriftlich festgehalten werden  muss (welches unser Land aus steuertechnischen Gründen rückverfolgen wird!!). Als er immer noch nicht ganz von seiner Busse absehen will, ziehen wir noch unseren letzten Joker, die an der Frontscheibe montierte Dashcam (welche während all unseren Fahrten filmt). Wir wollen ihm das uns vorgehaltene Vergehen auf der Kamera zeigen. Damit erreichen wir einen raschen Sinneswandel und  können ohne Busse weiterfahren.

Erleichtert nehmen wir die kurvenreiche Schotterstrasse  auf den Passo del Corte auf 3’692 MüM in Angriff.  Der Pass liegt zwischen zwei Vulkanen, dem Popocatépetl, welcher seit 10 Tagen  aktiv ist und dem Iztaccihuatl. Beide sind über 5'000 Meter hoch und haben eine magische Ausstrahlung. Die Luft ist spürbar dünner auf dieser Höhe und trotzdem, oder gerade deshalb, wollen wir hier oben übernachten. Kaum angekommen stellt sich ein VW-Käfer hinter uns und wir werden auf  schweizerdeutsch  angesprochen. Laura und Michel sind ebenfalls auf Reisen und entschliessen sich spontan, hier zu übernachten. Neben dem Erfahrungsaustausch können wir das eindrückliche Rauchen des Vulkan aus ca. 7 Kilometern beobachten.

 

Nach dem bestandenen Höhentest machen wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg ins Flachland. Jetzt geht es Richtung Golf von Mexiko, Richtung Veracruz. Auf dem Weg dahin legen wir  einen Halt bei den Pyramiden von Cantona ein. Dies ist mit 12 km2 die flächenmässig grösste Meso-Amerikanische Stadt und aufgrund der abgelegen Lage bei vielen Touristen unbekannt.

Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz lernen wir Esteban kennen. Wir fragen ihn, ob wir auf seinem Land für eine Nacht unser Auto parken dürfen. Der freundliche, geschätzt etwa 80 jährige Mann nuschelt etwas, und es ist nicht einfach, sein Spanisch zu verstehen. Nach anfänglichen Mühen verstehen wir, dass wir ihm folgen sollen. So kommt es, dass wir ihm und seinem Traktor „nachtuckern“ und im Nachbardorf auf seiner Hofeinfahrt eine ruhige Nacht verbringen. Bevor wir uns am nächsten Tag verabschieden und weiter ziehen in den Süden Mexicos, zeigt uns  Esteban  noch sein Zuhause und wir bedanken uns mit einem Stückchen Schweizer Schokolade für seine Gastfreundschaft.

 

 

Wir waren 1277 Tage unterwegs

 

und sind am 17. November 2018

wohlerhalten in der Heimat angekommen.

 

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